Irland galt lange als Bastion der repressiven, erzkatholischen Kirche in Europa. Weil die Kirche jahrzehntelang einen Sonderstatus in der Verfassung innehatte, war ihre Macht entsprechend groß. Sie diktierte weitgehend den Diskurs über Sexualität, Diversität oder allgemeine Moralvorstellungen. Als in den 90er Jahren erstmals Skandale und Missbräuche in großem Stil aufgedeckt wurden, begannen sich die Iren von der Kirche und speziell von den mächtigen Kirchenmännern abzuwenden. In den vergangenen Jahren hat sich die irische Gesellschaft – zumindests nach außen – rasant gewandelt. Man stimmte als erster Staat weltweit dafür, das Recht auf eine gleichgeschlechtliche Eheschließung in der Verfassung zu verankern, und – als letzter europäischer Staat – auch für das Recht auf Abtreibung. Haben sich die Iren aber tatsächlich von der Kirche emanzipiert?