Erst zu einer Ausflugsfahrt einladen, dann einschüchtern und belügen und schließlich den gutgläubigen Senioren das Geld aus der Tasche ziehen. So funktioniert das System Kaffeefahrten. Mehr als fünf Millionen Deutsche sollen jährlich an Busfahrten mit Verkaufsveranstaltungen teilnehmen. Mit sogenannten Kaffeefahrten machen die Veranstalter einen Umsatz von geschätzt rund 500 Millionen Euro. Verkauft werden dabei in der Regel Produkte, die meist minderwertig, oft sinnlos, fast immer zu teuer und in manchen Fällen sogar gesundheitsgefährdend sind. Dass auf Kaffeefahrten oft wertlose Produkte völlig überteuert verkauft werden, wissen viele Senioren und fahren trotzdem mit. Warum ist das so? Die Antwort lautet in den meisten Fällen - aus Einsamkeit. Ein Tag in Gesellschaft, eine Fahrt raus aus der Enge des Alltags. Aus diesen Gründen nehmen viele ältere Menschen an Kaffeefahrten teil. Oft sind sie der Meinung: "Ich weiß, was hier passiert, doch ich lasse mir nichts andrehen." Doch genau das wissen die geschulten Verkäufer, denen es mit psychologischen Tricks und Einschüchterung gelingt, ihren "Ramsch" doch teuer zu verkaufen. Einem älteren Ehepaar drehen die Verkäufer für fast 3.000 Euro eine Matratze an, die Rheuma und Arthrose heilen soll. Einen 79-Jährigen überreden sie, ein Fitnessgerät für 2.700 Euro zu kaufen. Weil der Rentner aber nicht genug Geld dabei hat, wird er von einem Fahrer zur Bank gebracht, wo er die Summe abhebt. Sein Nachbar hat am Ende der Verkaufsveranstaltung zwei Reisen gebucht und eine Vermittlungsgebühr von rund 200 Euro gezahlt. Der pensionierte Polizeihauptkommissar Hermann Kipnowski jagt seit fast 40 Jahren Kaffeefahrten-Veranstalter. Auch im Ruhestand heftet er sich noch immer an die Fersen der Betrüger. Da der 83-Jährige in der Szene bereits gut bekannt ist, kann er selbst nicht mehr undercover an Fahrten teilnehmen. Für die Reportage wird er deshalb nicht mit im Bus sitzen, sondern mit im Pkw der Tour folgen.